Gesang der Toten.

Spoiler (Klicken um anzuzeigen)

Am 31 Oktober ist die Nacht der lebenden Toten, es heißt dass die Grenzen  zwischen dem Jenseits und des Diesseits an diesem Tag sich auflöst und alle Toten sich in unserer Welt einnisten.
Und das was da kommt, das sage ich euch, ist kein freundlicher Poltergeist, der nachts deine Türen zuknallt.  Nein sie sind unscheinbar, von unseren Augen nicht wahrzunehmen.  Aber wir können das Flüstern im Dunkeln hören.  Es begleitet uns den ganzen Tag, in der Straßenbahn, beim Essen, auf der Straße. Sie flüstern in allen Sprachen und Dialekten,  erzählen dir Geschichten von Verrat und Lügnern, ihren Mördern und ihren Peinigern. Sie  stecken dich an mit ihrem Hass und ihrer Verzweiflung.
Man nennt diese Stimmen auch den Gesang der Toten, ein Requiem das einen sanft umhüllt und langsam auf die andere Seite trägt, wo Der Fürst der Finsternis uns fest in seine kalten Arme schließt und uns  dazu verbannt bis in alle Ewigkeit leidend durch das Jenseits zu ziehen und unser eigenes Klagelied zu singen.

Schlimmstes Date - EVER!

Spoiler (Klicken um anzuzeigen)

„Hörst du das Klopfen?“, fragte er und wirkte dabei ziemlich erregt.
„Ja, das tu' ich.“, lautete meine Antwort, ich vergrub das Gesicht schutzsuchend in meinen Händen. Ich lehnte an einem großen schönen Grabstein, der einem gewissen Cupcake gewidmet war, schlug mit dem Hinterkopf hart auf um sicher zu gehen, dass all dies nicht vielleicht nur ein Traum war.
Das Flüstern im Dunkeln wurde langsam immer lauter. Er blickte zu mir hinunter und strich mir sanft über den Rücken.
„Na, komm schon... steh auf. Unser Date ist noch nicht vorbei.“
Ich funkelte ihn wütend an, als ich mir von ihm auf die Beine helfen ließ. Mit schlotternden Knien hörte ich ein erneutes Klopfen aus dem Inneren der Friedhofskapelle.
„Was ist das nur!?“
Er blickte mich freudestrahlend an und antwortete:
„Poltergeist.“
Klar... dachte ich bei mir. Was denn auch sonst...?
Das Stimmengewirr um uns herum wurde lauter – eindringlicher – es waren die Klagen verlorener Geister die ihre Hände aus der Erde reckten … und versuchten meine Knöchel zu packen.
Die Tür der Friedhofskapelle wurde beim erneuten Klopfen beinahe aus den Angeln gerissen.
Da stand ich nun. Nachts, auf einem Friedhof, mit einem Kerl, den ich kaum kannte.
Und wieso? Nur weil man mir geraten hatte es mal mit Online Dating zu probieren.
Und ehrlich gesagt war er ja auch echt interessant, der Typ der sich selbst den Nicknamen Fürst der Finsternis  gegeben hatte. Aus seinem Chatprofil war deutlich zu entnehmen, dass er der Exorzist dieses Landkreises war... allerdings hielt ich das nur für einen Gag.
Naja wie auch immer. Da standen wir nun.
Arm in Arm beim ersten Date... auf einem Friedhof und lauschten dem Gesang der Toten,.
Sein langes blondes Haar fiel ihm strubbelig in die Stirn und er wurde immer euphorischer je stärker die Tür der entsetzlichen Macht des Poltergeistes nachgab.
„Gleich ist es soweit!“, schrie er ekstatisch und warf das schwere Buch, das ich den ganzen Weg hierher schleppen durfte vor sich hin.
Er riss begeistert seine Arme hoch und flüsterte:
„Die Opferung  kann nun beginnen.“
„Was für eine Opferung?“
„Das wirst du schon sehen, mein Herzblatt.“, gurrte er sanft und schloss liebevoll seinen Arm um mich.
Ich stieß ihn von mir weg und blickte entsetzt in seine betörend blauen Augen, die beim Schein des Mondes sanft zu leuchten schienen...
ich verpasste mir selbst eine mentale Ohrfeige.
Nein! Das war nun wirklich nicht der Moment, um diesen verdammten Psycho anzuhimmeln.
Ich versuchte diesen gestörten Ort fluchtartig zu verlassen, doch er umfasste mein Handgelenk mit einem schraubstockartigem Griff.
„Du bleibst schön hier – bei mir!“
Er warf mich zu Boden , riss die Arme himmelwärts und schrie etwas in einer fremden Sprache.
Von dem aufgeschlagenem Buch stieg ein goldener Schimmer empor und bildete eine Art Portal.
Die fauligen, madigen Hände versuchten wieder nach meinen Gliedern zu fassen, doch ich wehrte sie ab.
Zufrieden kniete er sich neben mich und legte mir sanft eine Hand an die Wange.
„Heute meine Liebe...“, flüsterte er mir ins Ohr und ich konnte seinen heißen Atem auf meiner Haut spüren.
„Heute ist die Nacht der lebenden Toten. Und du wirst ein Teil davon sein!“
Ich sprang auf und trat ihm so heftig ich konnte in den Magen.
„Nein!“, kreischte ich, doch konnte ich mein eigenes Wort kaum hören, da sich genau in diesem Moment mit einem markerschütternden Knallen der Poltergeist einen Weg nach draußen erkämpft hatte.
Der Singsang im Hintergrund erstarb.
Die schwarze und dennoch leicht phosphoreszierende Kreatur schwebte nun still in der Luft und rührte sich – von dem leichten wogenden Auf und Ab im Wind einmal ganz abgesehen – nicht.
Mein Begleiter erhob sich, rieb sich sanft den schmerzenden Bauch und schubste mich behutsam von hinten an die Schulter.
„Du musst ins Licht.“, sagte er.
Scheinbar versuchte er mir weiszumachen, dass ich gestorben wäre.
Wir begannen zu rangeln. Als er gerade die Oberhand zu bekommen schien warf er mich herum und ich blickte dem fürchterlichem Gespenst direkt in die Augen.
Es fixierte mich mit festem Blick.
Es schien aus einer Art Gas zu bestehen, dennoch zeichnete sich deutlich ein Kopf daraus hervor. Der Geist bleckte die Zähne um mir zu verstehen zu geben, dass er ungeduldig wurde. Seine Zähne schienen gläsern zu sein, es war ein grauenvoller Anblick.
„Nun mach schon!“, krächzte er und trieb mich immer weiter auf das Lichtportal zu.
Ich wehrte mich mit Leibeskräften, doch es nützte nichts. Ich musste an meine Kindheit zurückdenken, wenn ich aus Spaß mit meinem Brüdern gerangelt habe : >>Haare ziehen und kneifen ist aber verboten... das machen nur Mädchen<< hatten sie immer gesagt.
Und dann ging mir ein Licht auf.
Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt... und so wie die Dinge standen herrschte zwischen uns beiden nun Krieg!
Ich riss eine Hand von ihm los und hob sie bis auf Augenhöhe.
Ich ließ ihm einige Sekunden, damit er sie irritiert mustern konnte und dann schlug ich zu!
Ich rammte ihm meinen Zeigefinger in sein rechtes und den Daumen in sein linkes Nasenloch und versenkte die Fingernägel tief in seine Nasenscheidewand (eine der empfindlichsten Stellen des menschlichen Körpers).
Er schrie auf, sein heißes Blut lief mir über die Finger. Ich bemerkte wie sein ganzer Körper vor Schreck erschlaffte und nutzte die Gelegenheit um ihn am Schopfe zu packen...
Seine wundervoll weichen Haare, wonach rochen sie nur? War es Haselnussöl...?
Nein! Aus! Er war böse!!
Ich packte ihn also am Schopf und riss ihn herum, dabei stellte ich ihm mein Bein in den Weg, sodass er darüber stolpern musste. Er verlor sein Gleichgewicht und stürzte mit dem Gesicht voran in den goldenen Lichtkegel.
Er verschwand. Ein Moment Stille.
Dann bäumte sich der Poltergeist laut schreiend auf und umkreiste mich einmal bevor er in der dunklen Nacht verschwand.
Nun stand ich da. Keuchend, allein und auf einem Friedhof.
Wenn ich eine Lehre aus diesem Ereignis gezogen habe, dann dass mit Online Dating ein für allemal Schluss ist!

---